Verfahren gegen den Schuhmachergesellen Carl August Fischer aus Siebenlehn

Sächsisches Staatsarchiv in Dresden    StA-L 20014 Amt Nossen Nr 4328

 

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Bemerkungen (als Weblinks): Tippen (Spiel), Recommunicat, Requisition, recognoszieren,

 

Ein Bild, das Text, Handschrift, Brief, Buch enthält.

Automatisch generierte Beschreibung[Aktendeckel Original]

 

Inhalts-Verzeichniß   Original

Bl. 1. Gensd‘armerie-Anzeige

     3. Dingx

     4. Vernehmung Fischers.

    7b Befragung des Vaters desselben.

    9b Requisition an das Stadtgericht Dresden.

  „10b Befragung Johne’s.

  „11b Dessen Confrontation mit Fischern.

  „12b Befragung Eichhorns.

  „14b Dergl. Krauses.

  „15b Dergl. Böhmes.

    17. Vereidung Böhmes.

    18. Recommunicat des Stadtgerichts Dresden.

    19. Abhörung den Fischer.

    20. Dergl. der Schwester desselben.

  „22b Vernehmung Fischers.

  „23b Requisition an den Stadtrath zu Siebenlehn.

    24. Dergl. an das Stadtgericht Dresden.

    25. Befragung Breitfelds.

    26. Recommunicat des Stadtraths zu Siebenlehn.

    28. Desgl. des Stadtgerichts Dresden.

    29. Befragung des Bäckers Hahn

    32. Actenschluß

    33. Actenverlegung

    34. Präsentationsschreiben

    36. Vertheidigung für Fischern.

 

[p.01a   Original]

[links]

An das königliche Justizamt  allhier
Nr. 1936. ...

[rechts]
pr..den 14. Novbr. 1851.
Nach einer Mittheilung des Gendarmen Breitfeld zu Limbach vom 6ten d. Mts: haben der Schuhmachergeselle August Fischer von Siebenlehn und die bei dem Potanicker Dittrich daselbst in Dienst befindliche Johanne Christiane Gruben aus Tanneberg, sich 3. Tage in dem Gasthofe zu Tanneberg aufgehalten und am 3ten d. Mts. angegeben, daß der Grubin bei der, Abends stattgehabten Tanzmusick zwei Tücher a  -.10 Ngr.-. am

[p.01r  Original]
Werthe gestohlen worden seyen. Schon nach dieser Mittheilung war dort die Vermuthung entstanden, daß diese Angabe vielleicht nur eine erdichtete sey, indem beide Personen lüderliche Subjecte zu seyn geschienen.   Diese Vermuthung habe sich nun auch nach einer andern Mittheilung des Gendarmen Breithold vom 10ten d. Mts: bestätigt, indem nach Angabe des Gastwirths Krause in Tanneberg, diese beiden Tücher in dem von Fischer und der Grubin gemeinschaftlich bewohnten Kammer versteckt gefunden worden seyen.
Es scheint als wenn diese beiden Personen durch diese Angabe eine Betrügerei beabsichtiget, weil Fischer kein Geld mehr gehabt und für noch schuldige Zeche einen schwarzen Ueberzieher habe zurücklassen müssen.
Ferner habe Fischer an denselben Abend, als den 3ten d. Mts. in der Gaststube des gedachten Gasthofes frei und öffentlich gesagt:    „ich bin in Dresden auch mit auf den Barrikaden gewesen und

[p.02a Original]
„der Hund /: Soldat :/ den ich aufs Korn genommen. hat allemal fallen müssen“. Fischer war früher bei dem Communalgarde, gieng in den Maitagen 1849. mit dem Steingutfabrikant Eichler von Siebenlehn bewaffnet mit nach Dresden, welche beiden aber, als ich sie damals fragte, an keinen Kampf Theil genommen, doch aber ihre Waffen dabei verloren haben wollten.
Dem Königlichen Justizamte allhier unterlasse ich nicht, die von Fischer geführten Reden deshalb gehorsamst anzuzeigen, weil solche an öffentlichen Orten einen nicht guten Eindruck herbeiführen dürften.   Im Leugnungsfalle würden der Musikus Eichhorn aus der Rothschönburger Ziegelscheune und der Handarbeiter Böhme in Tanneberg solches bezeugen.
Nossen, am 14ten Novbr: 1851.  Christian Friedrich Lang   Gendarme.

[p.02r 03a Original]

[linke Spalte]
[unleserlich]

[rechte Spalte]
Amt Nossen am 17/11 51.
Heute ist Amtsm. Schönberg angewiesen worden, den Schuhmachergesellen Fischer in Siebenlehn den 25. d Mon 8. Uhr Vormi[ttags] zur Vernehmung anher zu bestellen.
Seidel

 

[p.03a]
[links]
An das Königliche Justizamt allhier

Nr. 1968. R. B.

 

[rechts]

Nach einer anderweiten Mittheilung des Gendarmen Breitfeld zu Limbach dürfte es fast erwiesen seyn, daß der Schuhmachergeselle August Fischer von Siebenlehn und die dort dienende Johanne Christine Gruben aus Tanneberg ihre am 3ten d. M im Gasthofe zu Tanneberg gemachte Angabe, als seyen ihnen 2 Tücher gestohlen worden, nur deshalb geschehen, um den Wirth um die schuldigen Zeche zu prellen, indem sie vielleicht geglaubt haben, der Wirth Krause schenke ihnen dieselbe oder ersetzt

[p.03r 04a Original]
ihnen die Tücher.    Der Richter[?], und der Handarbeiter Böhme von Tanneberg haben schon erst gewußt, daß das eine, angeblich mit gestohlene Tuch, die Gruben bei ihrer Mutter, der auf dem Rittergute zu Tanneberg befindlichen Sophie Gruben geborgt gehabt, welche dasselbe doch schon am anderen Morgen von ihrer Tochter wiedererhalten und dieselbe auch dem GendarmeBreitfeld versichert habe, daß ihre Tochter das andere Tuch mit nach Siebenlehn genommen.
Bereits schon zweimal habe ich die Gruben in Siebenlehn gefragt, ob sie ihre Tücher noch nicht wieder habe und sie hat mir solches jedesmal verneint und versichert, dieselben seyen ihr wirklich abhanden gekommen.
Ferner habe der Musikus Eichhorn zu Rothschönberg angegeben, Fischer habe gesagt, er habe sich 6 Wochen in Dresden aufgehalteund keine Stunde gearbeitet.
Endlich wolle der Gastwirth Krausse die von Fischern geführten Reden, mit auf den Barrikaden geschossen zu haben, ebenfalls bezeu=  [p.04a]  gen können.
Dem Königlichen Justizamte allhier, unterlasse ich nicht, solches hierdurch gehorsamst anzuzeigen.
Nossen am 18ten November 1851.  Christian Friedrich Lang   Gendarme

[links]
Gegenwärtig die Urkundspersonen   Toepelmann   Forwag und  Seidel.

Schubort, …

 

[rechts]
Königl. Justizamt Nossen
Am 25. November 1851
Heute Nachmittags erscheint dahier an Königl. Amtsstelle der Schuhmachergeselle Carl August Fischer in Siebenlehn, seiner Angabe nach 28 Jahr alt, lutherisch, wird von dem Grunde seiner Vorforderung in Kenntniß gesetzt, bedeutet, daß er vor Gericht zur Angabe der Wahrheit verbunden sei, und zu vörderst über seinen Personenstand abgehört, wie folgt:
Ich bin in Siebenlehn geboren und der eheliche älteste Sohn des Schuhmachermeisters Carl August Fischer in Siebenlehn.
Von meinem 6. bis zum vollendeten 14ten

[p.04r 05a Original]

Lebensjahre habe ich die Stadtschule zu Siebenlehn ordentlich besucht und den nöthigen Unterricht im Lesen, im Schreiben, im Rechnen und in der Religion erhalten.
In der Stadtkirche zu Siebenlehn bin ich auf dem evangelisch- lutherischen Ritus confirmiert worden; gleich nach meiner Confirmation habe ich das erste Mal das heilige Abendmahl genossen; seitdem habe ich mich alle 14 Tage einmal zur Kirche und aller Jahre zweimal zum heiligen Abendmahle gehalten.

Nach meiner Entlassung aus der Schule habe ich zwei Jahre lang bei meinem Vater die Schuhmacherprofession gelernt, bin dann zum Gesellen gesprochen worden, habe hierauf einige Jahre lang bei verschiedenen Meistern in Siebenlehn gearbeitet und bin dann wieder zu meinem Vater in die Arbeit gegangen, bei welchem ich noch jetzt rusch..lhlich bin; es müssen schon acht Jahre sein, daß ich bei meinem Vater arbeite.

Ich habe nach sechs Geschwister, drei Brüder und drei Schwestern; der eine meiner Brüder ist Fleischergeselle und arbeitet in ..stnitz bei Dresden, der andere lernt beim Vater und der dritte geht noch in die Schule; zwei meiner Schwestern schneidern für sich in Dresden, die dritte dagegen steht zu Hause meiner Mutter in der Wirthschaft bei.

Im Vermögen habe ich nichts, habe auch nach  [p.5a]  dem Tode meiner Eltern Vermögen nicht zu erwarten.

Im vorigen Jahre bin ich wegen eines im Gasthofe zum schwarzen Roß in Siebenlehn verübten Exesses hier beim Amte in Untersuchung gewesen und mit sechstägigem Gefängniss bestraft worden; außerdem war ich seither wegen irgend eines Vergehens noch nie in Untersuchung.

Demnächst gibt Fischer auf geeigneten Vorhalt zur Sache weiter zu vernehmen:

Es ist richtig, daß ich am 7. Mai 1849 Vormittags um 9 Uhr von Siebenlehn über Hirschfeld;

Tanneberg und Wilsdruff nach Dresden gegangen bin,

versichere, daß ich allein und unbewaffnet dahin gegangen bin,

bemerke, daß ich Abends gegen 6 Uhr in Dresden angekommen bin, und mich daselbst bis zum 9. gedachten Monats Vormittags 10 Uhr aufgehalten habe,

betheuere, daß ich meinen Rückweg wieder über Wilsdruff, Tanneberg und Hirschfeld allein und unbewaffnet nach Siebenlehn genommen habe.

Abends zu der 8. Stunde traf ich in Siebenlehn bei meinen Eltern ein.

Auf die Frage, was ihn nach Dresden zu gehen bewogen habe und warum er sich daselbst bis

 

[p.05r  06a Original]

zur Niederwerfung des Aufstandes daselbst aufgehalten habe, spricht er:

Schon damals hielten sich meine beiden Schwestern in Dresden auf und da meine Eltern um dieselben wegen des Aufstandes in Angst und Sorge waren, schickten sie mich nach Dresden, um zu sehen, was meine Schwestern machen und um sie nach Befinden nach Siebenlehn zu holen.

Die eine meiner Schwestern diente bei einem mir dem Namen nach unbekannten, auf der Scheffelgasse bei dem Bäcker Thohr wohnhaften Strohhutfabrikant, die andere aber und zwar die ältere wohnte auf der Töpfergasse.

Gleich bei meiner Ankunft in Dresden ging ich zu meiner jüngeren Schwester und habe mich bei derselben bis zum 9. Mai 1849 Vormittags aufgehalten; von meiner Schwester war ich gar nicht weggekommen, hatte mich immer bei derselben aufgehalten und die Sachen ihrer Herrschaft mit in den Keller räumen helfen.

Den Mittwoch Vormittags verließ ich erst Dresden, weil bis dahin fortwährend auf den Straßen geschossen wurde, ich mich fürchtete, auf der Gasse erschossen zu werden, wenn ich die Wohnung meiner Schwester verließe und weil endlich meine Schwester mich     gebeten hatte, bei ihr, bis jede Gefahr [p.06a] vorüber sei, zu verbleiben.

Ich berufe mich zur Erweislichmachung meiner gemachten Behauptungen auf das Zeugniß meiner Eltern und meiner jüngeren Schwester, Friederike Ernestine Fischer, wohnhaft in Neustadt auf der Birkengasse.

Unter diesen Umständen

leugne ich hiermit, vom 7. bis zum 9. Mai 1849 am Aufruhre in Dresden und an dem dortigen Kampfe irgend einen Antheil genommen zu haben oder wenigstens in der Absicht nach Dresden gegangen zu sein, um daran Antheil zu nehmen,

leugne, der so genannten provisorischen Regierung am 9. Mai 1849 von Dresden über Anerberg? nach Chemnitz gefolgt zu sein.

Auf die Frage, ob er am 3. h.m. im Gasthofe zu Tanneberg gewesen sei, entgegnete er:

 

Ja, da bin ich gewesen.

Auf Vortrag, daß er da anzeiglich gegen mehrere Gäste frei und öffentlich geäußert habe, daß er auch in Dresden mit auf den Barrikaden gewesen sei und den Hund, der Soldat, allemal habe fallen müssen, den er auf das Korn genommen habe, versetzt er:

 

[p.06r 07a  Original ]

Das habe ich nicht gesagt, davon ist keine Idee gewesen.

Abends in der 8. Stunde spielte ich mit mehreren mir unbekannten Personen tippen; ich war etwas angetrunken und während des Spieles wurde ich von einem der Mitspielenden gefragt, ob ich Soldat und mit in Dresden gewesen sei.

Scherzweise bejahte ich diese Anfrage? und habe dabei am Ende gesagt:

„ da durfte sich Niemand auf der Barrikade blicken lassen, wenn auf mich, als Soldat, geschossen wird, schieße ich wieder.

Auf Vorhalt, warum er sich zu diesem Scherze herbeigelassen habe, fährt er fort:

Ich war fidel und dachte mir darunter weiter nichts.

Auf Vortrag, daß er aber anzeiglich bewaffnet und nicht allein, sodann mit dem Steingutfabrikant Eichler? nach Dresden gegangen sei, entgegnet er:

Nein, ich bin allein und unbewaffnet nach Dresden gegangen.

Nach Verlesung und Genehmigung dieses Protocolls durch eigenhändige Namensunterschrift

[Unterschrift  Carl August Fi[scher]

[p.7a]

ist Fischer beschieden, daß er bei der Schwere des wider ihn angezeigten Verbrechens und zu Vermeidung von Collusionen bis auf weitere amtliche Anordnung in Haft zu verbleiben habe, hiernächst vor dem Ausbrechen und überhaupt vor jedem Fluchtversuche unter Androhung des Anschlusses verwarnt und dem verschl? Amtswachtmeister Schönberg zur Abführung in die Frohnreste? übergeben worden.

Geschehen und nachrichtlich anherbemerkt in Gegenwart der unterzeichneten Urkundspersonen Toepelmann, Forwag und Seidel etc.
Hamann Schubert, A..
[links Unterschiften] Gottlieb Carl Töpelmann   Gottlib Leberecht Forwag  Julius Bernhard Seidel, Amtsbeisitzer
[rechts]
JAmt Nossen am 25/?? 51. ist Amtswr Schönberg angewiesen worden, den Schuhmachermeister Fischer in Siebenlehn den 27. d. Mon: Vormi[ttags] zur Befragung anher zu bestellen.   Seidel, A…

[p.07r 08a Original]

[links]
Gegenwärtig die Urkundspersonen Toepelmann, Forwag und Seidel, Nachrichtl. durch Schubort A.

[rechts]
Königl. Justizamt Nossen den 27. November 1851.
Heute Nachmittags erscheint dahier an Königl. Amtsstelle der Schuhmacher Johann Carl August Fischer in Siebenlehn,
wird von dem Grunde seiner Vorforderung in Kenntniß gesetzt, bedeutet, daß er vor Gericht zur Angabe de Wahrheit verbunden sei, und befragt, wie folgt:
Ich bin verheiratheter Vater von sieben Kindern, vier Söhnen und drei Töchtern.
Die beiden ältesten meiner Töchter hielten sich zur Zeit des Maiaufstandes im Jahre 1849 in Dresden auf; die älteste lernte damals daselbst das Weißnähen und wohnte in Altstadt auf der Töpfergasse, während die jüngere bei einem mir dem Namen nach unbekannten Strohhutfabrikant, welcher auf der Scheffelgasse im Hause des Bäckers Hahn wohnte, in Diensten stand.
Weil meiner Frau des Aufstandes halber namentlich um meine zweite Tochter, sehr besorgt war, ist allerdings mein Sohn, Carl August, am 7. Mai 1849 gegen Mittag nach Dresden gegangen, um sie aus Dresden zu uns nach Siebenlehn zu holen.
Am 9. desselben Monats gegen Nachmittag kam er wieder zurück nach Siebenlehn; unsere Tochter brachte er jedoch nicht mit, da der Aufstand inzwischen niedergeworfen worden, [p.8a] dadurch aber jede Gefahr für meine Tochter beseitigt war.
Auf Vorhalt, daß anzeiglich sein Sohn nicht allein und bewaffnet nach Dresden gegangen sei, spricht er:
Ob mein Sohn allein oder noch mit Anderen und mit wem nach Dresden gegangen ist, weiß ich nicht; wer kann das jetzt noch wissen; damals lief ja alles näher einander …
Wie mein Sohn aus meinem Hause ging, hatte um nach Dresden zu gehen, hatte er keine Waffen, und weiß ich nicht, daß er Waffen bei sich geführt hätte, als er von Dresden wieder zurück kam.
Auf die Frage, ob sich sein Sohn außer seinem Hause mit Waffen bei seinem Marsche nach Dresden versehen habe, entgegnete er:
Davon weiß ich nichts.

Auf Vortrag, daß der längere Aufenthalt seines Sohnes in Dresden und eine von demselben an einem öffentlichen Orte geschehen Äußerung vermuthen lassen, daß er am Aufstande und am Kampfe gegen das Militär in Dresden thätigen Antheil genommen habe, spricht er:
Davon weiß ich nichts und kann ich nichts wissen, denn davon habe ich weder von meinem Sohne, noch von sonst Jemandem etwas gehört.

[p.08r 09a  Original]

Das kann ich gar nicht glauben; bewahre! denn der kann nicht einmal ein Gewehr laden, dem ist die Tanzmusik lieber als ein Schießgewehr.
Auf Vorhalt, daß sein Sohn anzeiglich am 3. h.m. Abends in dem Tanneberger Gasthofe aber geäußert haben soll, daß er auch in Dresden mit auf den Barrikaden gewesen sei und den Hund, den Soldat, den er auf das Korn genommen, allemal habe fallen müssen, versetzt er:
Das weiß ich nicht; er müßte sich gebrüstet haben gegen einen Dritten, müßte betrunken gewesen sein oder das aus Dummheit gesagt haben.
Ich besinne mich jetzt genauer und will abbinderungsweise? bemerken, daß mein Sohn am 9. Mai 1849 nicht allein, sondern mit meiner zweiten Tochter zu mir nach Siebenlehn zurückgekommen ist.
Auf die Frage, was denn nun eigentlich sein Sohn vom 7. bis zum 9. Mai 1849 in Dresden gemacht habe und warum derselbe nicht wenigstens schon den 8. ej. m. nach Hause zurückgekehrt sei, antwortet er:
Ja, das kann ich nicht wissen.
Auf Vorhalt, daß wohl anzuersehen? sei, wie ihm sein Sohn hierüber allenthalben Mittheilung gemacht [p.09a] habe und es daher den Anschein gewinne, als ob er mit der Wahrheit nicht hervortreten wolle, schweigt er.

Auf Vorhalt, daß er hierüber Auskunft zu geben verbunden sei, spricht er: ich kann doch nur antworten, was ich gefragt werde und kann nur das plaudern, was ich weiß.
Vorgelesen, genehmigt und eigenhändig unterschrieben, wobei er bemerkt, daß er sich des Wortes Plaudern nur in dem Sinne bedient habe, daß er nicht glaube, reden zu dürfen, wenn der Actuar schreibe.

[Unterschrift Johann Carl August Fischer
Geschehen und … [das Übliche]

[p.09r 10a  Original]

[links]
An das Stadtgericht zu Dresden.
M.S. Gefangen?
[rechts]
Der wegen Verdachtes der Theilnahme an dem Dresdner Maiaufstande im Jahre 1849 allhier in Haft und Untersuchung befindliche Schuhmachergeselle Carl August Fischer in Siebenlehn ist bei seiner Vernehmung zwar geständig gewesen, am 7. Mai  gedachten Jahres von Siebenlehn nach Dresden gegangen und von da erst am 9. desselben Monats, also nach Niederwerfung des Aufstandes wieder fort und zurück nach Siebenlehn zurückgekehrt zu sein, hat aber seine Betheiligung an diesem Aufstande beharrlich geleugnet und zu seiner Rechtfertigung angeführt, daß er am 7. gedachten Monats von seinen Eltern nach Dresden geschickt worden, um seine Schwester Friederike Ernestine Fischer, welche damals bei einem ihm dem Namen nach unbekannten, auf der Scheffelgasse bei dem Bäcker Hahn wohnhaften Strohhutfabrikant in Dresden in Diensten gestanden habe, nach Siebenlehn zu holen, daß er gleich bei seiner Ankunft in Dresden zu dieser zu dieser seiner Schwester gegangen und bei derselben fortwährend bis zum 9. desselben Monats gebleiben sei und daß er endlich um des willen bis zur Niederwerfung des Aufstandes in Dresden sich auf= [p.10a] gehalten habe, weil er wegen des heftigen Feuers sich nicht auf die Straßen getraut und ihn seiner Schwester gebeten habe, sie nicht eher zu verlassen, als bis jede Gefahr vorüber sei.
Da Friederike Ernestine Fischer sich noch gegenwärtig in Dresden – wohnhaft in Neustadt auf der Birkengasse – aufhält, so ergeht an das Stadtgericht zu Dresden hiermit das ergebenste Gesuch,

die Fischer über die von ihrem Bruder vorstehends gemerkten Angaben umständlich vor besetzter Gerichtsbank zu befragen und diese Befragung auch darauf zu erstrecken, wann ihr Bruder am 7. Mai 1849 zu ihr gekommen, ob er mit Waffen versehen gewesen, was er während seines Aufenthaltes in Dresden gemacht habe und ob sie am 9. Mai 1849 mit ihrem Bruder nach Siebenlehn gegangen sei oder nicht, das hierüber aufzunehmende Protocoll aber in beglaubigter Abschrift baldgefälligst anher gelangen zu lassen.

Königl. Justizamt Nossen den 28. Nov. 51.

 

ist Amtswr Schönberg angewiesen worden, den Gastwirth Krauße in Tanneberg u. den Musicus Eichborn auf den Rothschönburger Ziegelscheune 1. Dec. d. J. ½ 9 und 9 Uhr Vormi[ttags] zur Befragung u. Confrontation anher zu bestellen.  Seidel, A.

[links]

17…  Betenl u. Verz. Geb:

nach Meißen und Tanneberg.  Ste..

 

[p.10r  11a Original]

[links]

Gegenwärtig die Urkundspersonen Toepelmann, Forwag und Seidel. Nachrichtl. durch Schubart A..

[rechts]

Königl. Justizamt Nossen den 29. November 1851.

Heute Nachmittags erscheint dahier in Königl. Amtsstelle der Fleischermeister Friedrich Wilhelm Johne in Siebenlehn, seiner Angabe nach 30 Jahr alt, lutherisch, wird von dem Grunde seiner Vorforderung in Kenntniß gesetzt, bedeutet, daß er vor Gericht zur Angabe der Wahrheit verbunden sei und befragt, wie folgt:

Den Schuhmachergesellen Fischer in Siebenlehn kenne ich von Person recht wohl; ich bin mit ihm weitläufig verwandt; seine Mutter ist mit meinem Vater Geschwister-Kind; ich bin aber nicht unterrichtet worden, wie ich aussagen soll, es ist mir auch nicht mit Rücksicht auf mein Zeugniß weder etwas gegeben noch versprochen.

Nach Verneinen der übrigen generellen Zeugenfragen d..enset er zur Sache auf sachgemäßes Befragen Folgendes:

Der Schuhmachermeister Fischer in Siebenlehn wohnt in meines Vaters Hause zur Miethe; ich wohne ebenfalls bei meinem Vater. Während meiner Abwesenheit ist der Geselle [p.11a] Fischer am 7. Mai 1849 zu meinem Bruder, dem Fleischermeister Ferdinand August Johne, welcher ebenfalls bei meinem Vater wohnt, gekommen und hat von demselben meine Büchse, welche damals in einem Winkel unserer Wohnstube lehnte, verlangt, um solche mit nach Dresden zu nehmen; mein Bruder hat jedoch ihm die Mitnahme dieser Büchse verweigert.

Nichts desto weniger ist Fischer später in unsere Wohnstube gegangen und hat da heimlich meine Büchse weg und mit nach Dresden genommen.

Bei seiner Rückkehr am 9. gedachten Monats hat er meine Büchse nicht wieder mitgebracht, sondern mir versichert, daß er die Büchse in Dresden, hinter einen Holzhaufen versteckt, zurückgelassen habe, bei dieser Gelegenheit auch mir unaufgefordert eingestanden, daß er mir die Büchse aus der Stube, in welcher Niemand gegenwärtig gewesen sei, zur Mitnahme nach Dresden genommen habe.

Später hat er mir eine andere, jedoch viel schlechtere Büchse, welche er von dem Nadler Threnfelder? in Nossen gekauft haben will, wieder gegeben.

Auf die Frage, ob er darüber nicht Auskunft zu geben im Stande sei, aus welchen Beweggründen Fischer bewaffnet nach Dresden gegangen sei und ob derselbe an dem Dresdner Aufstande und Kampfe gegen das Militär

 

[p.11r  12a Original]

Antheil genommen habe, spricht er:

Hierüber weiß ich nichts; davon hat er mir nichts erzählt.

Übrigens sehe ich von einem Antrage auf Bestrafung Fischers wegen widerrechticher Benutzung meiner Schußwaffe ab.

Unter dem Erbieten zur eidlichen Bestärkung auf Verlesen durch eigenhändige Namensunterschrift genehmigt.

[Unterschrift] Friedrich Wilhelm Johne.

Johne hält hierauf dem aus dem Arresthause vorgeführten Schuhmachergesellen Carl August Fischer in Siebenlehn vor:

Am 7. Mai 1849 hast Du allerdings meine Büchse aus unserer Stube geholt, um solche mit nach Dresden zu nehmen.

Fischer entgegnet:

Das ist wahr; ich räume daher nunmehr ein, am 7. Mai 1849 von Siebenlehn eine Büchse mit nach Dresden genommen zu haben.

Auf die Frage, ob er auch Pulver und Blei mitgenommen und ob er noch andere Waffen bei sich geführt habe, spricht er:

Nein; weiter gar nichts.

Auf Vorhalt, warum er die Mitnahme der Büchse nicht gleich bei seiner ersten Vernehmung zugestanden [p.12a] habe, antwortet er:

Das weiß ich nicht.

Auf die Frage, zu welchem Zwecke er die Büchse mitgenommen habe, versetzt er:

Ich habe diese Büchse nicht mitgenommen, um mich an dem Dresdner Aufstande und Kampfe gegen das Militär zu betheiligen, sondern lediglich um deswillen, weil es hieß, man dürfe ohne Waffe nicht nach Dresden, die Freischärler ließen Unbewaffnete nicht in die Stadt.

Bei meiner Schwester stellte ich die Büchse in die Küche und da hat sie? unbenutzt gestanden, bis ich Dresden verließ.

Bei meinem Fortgange sagte mir der Bäcker Hahn, daß ich die Büchse wegwerfen solle, weil sonst das Militär denken könne, daß ich ein Freischärler sei; darauf gab ich die Büchse einem mir unbekannten Manne, welcher am Hahnschen Hause vorüber ging; derselbe nahm solche und ging damit fort.

Johne.

Mir aber hast Du erzählt, daß Du die Büchse im Holz versteckt hättest.

Fischer.

Nein.

Auf Vorhalt, daß seine im Tanneberger Gasthofe gethane Äußerung durch sein heutiges Zugeständniß bestärkt werde, spricht er:

Ich habe das gar nicht geäußert und so gemeint; es ist nicht wahr, daß ich es in Dresden während des Maiaufstandes auf einer Barrikade zu deren Ver=

 

[p.12r 13a Original]

theidigung gestanden, mit der mitgenommenen Büchse auf das Militär geschossen oder ein sonstiger Verbrechen verübt hätte.

Vorgelesen und durch Namensunterschrift genehmigt.

[Unterschriften]

Friedrich Wilhelm Johne

Carl August Fischer

Johne tritt ab, Fischer dagegen wird wieder beigeführt.

[folgt der normale Abschluss einer Vernehmung]

 

[links] Anwesend…

[rechts]

Königl. Justizamt Nossen den 1. December 1851

Heute Vormittags erscheint dahier an Königl. Amtsstelle der Musikus Carl Eduard Eichhorn in Rothschönberg, seiner Angabe nach 23 Jahre alt, lutherisch, wird von dem Grinde seiner Vorforderung in Kenntniß gesetzt, bedeutet, daß er vor Gericht zur Angabe der Wahrheit verbunden sei, und unter Eidesvorbehalt befragt, wie folgt:

Er bestätigt, den Schuhmachergesellen Fischer in [p.13a] Siebenlehn von Person zu kennen,

verneint aber, mit demselben verwandt oder verschwägert zu sein,

verneint ferner, daß er unterrichtet, wie er in der Sache aussagen soll, und daß ihm in Rücksicht auf Zeugniß etwas gegeben oder versprochen worden sei.

Nach Verneinen der übrigen generellen Zeugenfragen deponirt Eichhorn zur Sache Folgendes:

Am 3. vorigen Mts. Abends war ich allerdings im Gasthofe zu Tanneberg zur Kirmeß und um Tanzmusik zu machen; daselbst traf ich auch den Schuhmachergesellen Fischer  aus Siebenlehn; ich spielte daselbst mit demselben und mehreren andern Gästen Tippen und wurde bei dieser Gelegenheit mit Fischer genauer bekannt; derselbe war da lustig, betrunken aber schien er mir nicht zu sein.

Auf die Frage, in welchem Zimmer des Tanneberger Gasthofs er Tippen gespielt habe, spricht er:

Es war dies unten in der Gaststube; wir spielten von 6 bis 7 Uhr Abends; dann ging ich herauf auf den Tanzsaal, machte Musik und kam mit Fischer an diesem Abende nicht wieder näher zusammen.

Beim Beginnen des Tanzes war auch

[p.13r 14a  Original]

Fischer oben auf dem Tanzsaale und tanzte.

Ich weiß nicht und habe nicht gehört, daß Fischer vor, beim oder nach dem Tippen im Tanneberger Gasthofe gedachten Abends von dem Dresdner Maiaufruhr 1849 gesprochen und erzählt habe, daß und wie er an diesem Aufruhre sich betheiligt habe,

weiß insonderheit nicht und habe nicht gehört, daß Fischer bei dieser Gelegenheit geäußert hätte:

„er sei in Dresden auch mit auf den Barrikaden gewesen und der Hund, der Soldat, den er auf das Korn genommen, allemal habe fallen müssen“,

erinnere mich nur, daß derselbe beim Tippenspiele ausgesagt hat, wie er ohne Beschäftigung sechs Wochen lang in Dresden gewesen sei und sich da sehr schlau befunden habe, ohne jedoch daß ich hier darüber Auskunft geben könnte, in welcher Veranlassung und Beziehung Fischer diese Mittheilung gemacht hat, und wann er diese Zeit in Dresden verlebt haben wollte.

Auf Vorhalt, daß aber nach Bl.1 Fischer obige Äußerung laut und öffentlich in der Gaststube des Tanneberger Gasthofs gethan haben soll und der Gersdeirer? …  ausdrücklich bemerkt hat, wie er, Comparent, das Angezeigte [p.14a]  bezeugen werde, und auf Vortrag, daß selbst Fischer bei seiner Vernehmung geständig gewesen sei, beim Tippenspiel vom Dresdner Maiaufstande gesprochen zu haben, daß er sich daher die Sache genau überlegen, der Wahrheit nicht ferner halten und sein Gewissen bedenken? möge, da er später seine Aussage eidlich zu bestärken habe spricht er:

Ich weiß davon wirklich nichts.

Unter dem Erbieten zur eidlichen Bestärkung auf Vorlesen durch eigenhändige Namensunterschrift genehmigt.

[Unterschrift] Karl Eduard Eichhorn

Eichhorn bittet um Ansetzung seiner Zeugengebühren, worauf der ver.. Amtswachtmeister Schönberg referiert, daß Krauße in Tanneberg behindert sei, heute Vormittags an Amtsstelle zu erscheinen, derselbe vielmehr diesen Nachmittag zu seiner Befragung sich hier einfinden würde.

Geschehen und … [wieder die üblich Endformulierung]

 

[links]

PraesentibusSchubort A..

[rechts]

Eodem die

des Nachmittags erscheint dahier an

 

[p.14r 15a Original]

Königl. Amtsstelle der Fleischermeister und Gasthofspachter Johann Gottlob Krauße in Tanneberg, angeblich 74 Jahr alt, lutherisch.

Derselbe wird ebenfalls von dem Grunde seiner Vorforderung in Kenntniß gesetzt, bedeutet, daß er vor Gericht zur Angabe der Wahrheit verbunden sei, und unter Eidesvorbehalt befragt, wie folgt:

Den Schuhmachergesellen Fischer in Siebenlehn kenne ich zwar von Person, bin aber mit demselben weder verwandt, noch verschwägert, bin nicht unterrichtet, was und wie ich hier aussagen soll, es ist mir auch in Rücksicht auf mein Zeugniß weder etwas gegeben, noch versprochen worden; ich werde on jeder Hinsicht die reine Wahrheit sagen.

Krauße verneint die übrigen generellen Zeugenfragen und gibt auf sachgemäßes Befragen zur Sache Folgendes an:

es ist allerdings richtig, daß am 3. vorigen Mts. Fischer den ganzen Tag über bei mir im Gasthofe zur Kirmeß gewesen ist und für sein Geld gelebt hat; Abends spielte er in der Gaststube mit den Musikanten Tippen und hat, wie später der Tanz losging, wahrscheinlich oben getanzt.

Daß vor, bei oder nach dem Tippenspiele Fischer von dem Dresdner Maiaufruhre im Jahre 1849 gesprochen hätte, weiß ich nicht und [p.15a]  habe ich nicht gehört.

weiß ferner nicht, und habe nicht gehört, daß Fischer an demselben Abende in meiner Gaststube laut geäußert hätte,

„er sei in Dresden auch mit auf den Barrikaden gewesen und den Hund, den Soldat, den er auf das Korn genommen, habe allemal fallen müssen.“

Auf Vortrag, daß aber nach der Gensd’armerie-Anzeige Bl. 1 Fischer an diesem Abende diese Äußerung laut gethan haben soll und der betreffende Gensdarme sich auf sein, Kraußes Zeugniß ausdrücklich bezogen habe, spricht er:

Es kann zwar sein, daß Fischer dies geäußert hat, ich aber für meinen Theil weiß nur hiervon nichts und habe nichts hiervon gehört.

Krauße erbietet sich zur eidlichen Bestärkung seiner Aussagen und genehmigt auf Vorlesen durch eigenhändige Namensunterschrift diese Niederschrift.

[Unterschrift] Johann Gottlob Krauße

und entfernt sich.

Geschehen und nachrichtlich… [Endformalitäten]

 

[p.15r 16a Original]

Justizamt Nossen, am 6. Dezember 1851. ist der Amts.. Schönberg instruirt worden, den Handarbeiter Böhme in Tanneberg zur Befragung und Confrontation den 9. Decbr. 1851 Vorm[ittags] anher zu bestellen. Nachrichtl. Gleiberg

[links] Praesentes

[rechts]

Königl. Justizamt Nossen den 9. December 1851.

Heute Vormittags erscheint dahier an Königl. Amtsstelle der Handarbeiter Carl Gottlob Boehme in Tanneberg, angeblich 40 Jahr alt, lutherisch, wird von dem Grunde …

Den Schuhmachergesellen Fischer aus Siebenlehn habe ich blos zweimal gesehen; ich kenne ihn daher zwar von Person, genau kenne ich ihn aber nicht.

Ich bin nicht unterrichtet worden, wie ich aussagen soll, es ist mir auch in Rücksicht auf mein [p.16a]  Zeugniß weder etwas gegeben, noch versprochen worden und ich habe dadurch weder einen Schaden zu befürchten, noch einen Nutzen zu erhoffen.

Ich werde die reine Wahrheit sagen.

Nach Verneinen der übrigen generellen Zeugenfragen deponiert Comparent zur Sache Folgendes:

Am heurigen Kirmeßmontage Abends war ich im Gasthofe zu Tanneberg; in der dasigen Gaststube war auch Fischer anwesend, welcher mit mehreren Gästen tippte; ich sah diesem Spiele zu.

Während des Spieles äußerte nun allerdings Fischer zu den Mitspielern ohne weitere besondere Veranlassung und ohne daß vorher von dem Dresdner Maiaufruhre gesprochen worden wäre:

„es geht zu, wie in Dresden; da wurden sie auf das Rohr genommen und da müßte jedes Mal so ein Hund stürzen.“

Wer auf das Rohr genommen worden sei und wen er unter dem Worte Hund verstand, sagte er nicht, allein nach dieser Äußerung zischelte er den Mitspielern zu:

„es hört’s doch Niemand, wir dürfen nicht so viel hier davon sprechen.

Daß er selbst auf den Barrikaden gestanden und Soldaten selbst auf das Korn genommen habe, davon hat er nichts gesagt.

Weiter etwas zur Sache Bezügliches vermag ich nicht anzugeben.

Vorgelesen und genehmigt; darauf

 

[p.16r 17a  Original]

wird aus dem Arresthause dahier an Königl. Amtsstelle vorgeführt der Geselle Carl August Fischer aus Siebenlehn.

Böhme und Fischer recognosziren? sich gegenseitig, darauf aber hält jener diesem vor:

Am heurigen Kirmeßmontage Abends äußerten Sie allerdings in der Tanneberger Schankstube beim Tippen, welchem Spiele ich zusah, zu den Mitspielern laut und plötzlich:

„es geht zu wie in Dresden; da wurden sie auf das Rohr genommen und da mußte jedesmal so ein Hund stürzen“

zischelten darauf aber den Mitspielern weiter zu:

„es hört doch Niemand, wir dürfen hier nicht so viel davon sprechen.“

Fischer entgegnet:
Nein; das habe ich nicht gesagt, das wollen Sie mir blos auf den hals reden; ich wurde gefragt, ob ich Soldat sei.
Böhme.
Von dieser Frage habe ich nichts gehört.
Fischer
wird wiederholt zu Ablegung eines reuigen Bekenntnisses anermahnt, aufgefordert, sich durch ein aufrichtiges Geständniß der richterlichen Nachsicht zu … , und ihm vorgehalten, daß die ihm von Böhmen in das Gesicht gesagte Äußerung seine Theilnahme an dem Kampfe gegen das Militär documentirn, spricht er:
Ich habe die Wahrheit gesagt und kann daher nichts [p.17a] Anders sagen, als was ich gesagt habe.
Nach Verlesung und Genehmigung dieses Protocolls wird Fischer
… [Vereidigung Böhmes]

 

Böhme hat hierauf die verlangten Zeugengebühren mit  [6 Ngr.] gegen Quittungsleistung durch

[p.17r 18a Original]
eigenhändige Namensunterschrift ausgezahlt erhalten.
Vorgelesen und genehmigt.
[Unterschrift] Carl Gottlob Böhme
Geschehen und … [Schlußformel]

[p.18a]
Eing. am 11. Decbr 1851 …
An das Königl. Justiz=Amt zu Nossen.
Gefangen
Dem Königl. Justizamte wird anbei beglaubte Abschrift von dem der Requisition vom 28n/.|1. v.M.|d.M. gemäß aufgenommenen Protokolle mit der Bitte um Berücksichtigung der beiverzeichneten Kosten ergebenst übersendet.
Dresden, am 6. Dezember 1851.
Königliches Stadtgericht
Abtheilung für Criminalsachen.
[Unterschrift] Hammer.

 

[p.18r 19a  Original]

[Abrechnung]
Liq. jud.    [Summe]  2[Taler] 2[ngr.] 5[pf.]

[p.19a]
cop.vid.
Im Beisein der Herren Beisitzer Franke, Wulf und Naumann.
Nachrichtl.  R. v. Charpentier   Act.

Stadtgericht Dresden am 5n/. December 1851.
Fand sich bestellt hier ein
die Nätherin Friederike Ernestine Fischer
aus Siebenlehn, 26. Jahre alt, wohnhaft Birkengasse No: 9. S. T., wird vom Grunde ihres Erforderns in Kenntniß gesetzt, und gab, zu wahrheitsbemäßer Aussage anermahnt, an:
Ich bin seit ungefähr 6. Jahren theils in Dresden, theils auch auf dem Lande in Diensten gewesen.
In Dresden habe ich nun an  

[p.19r 20a  Original]
zwei Orten gedient, und zwar zunächst bei dem Eisenhändler Hüfer an der Frauenkirche und später im Gasthofe zur Stadt Wien.
Im ersteren Dienst hatte ich nur etwa 2. Monate lang inne, soviel ich weiß vor etwa 4. Jahren in die Stadt Wien bin ich nicht gleich von Hüfers aus, sondern erst einige Zeit später gekommen; ich bin dort etwa 6. Monate lang geblieben, kann aber das Jahr auch nicht bezeichnen.
Auf der Scheffergasse bei einem Strohhutfabrikanten habe ich nie gedient; dies ist meine Schwester Amalie Emilie, gewesen; so weit ich weiß hat sie dort vor etwa 3. Jahren gedient, kann es aber nicht genau sagen.
Meine gedachte Schwester wohnt ni[cht?] bei mir; Beide sind wir jetzt nicht mehr im Dienst, sondern   [p.20a]   wir ernähren uns jetzt durch Nähen.
Da hier augenscheinlich eine Verwechselung der Person vorgekommen, so wurde mit weiterer Befragung der Comparentin Anstand genommen, derselben das aufgenommene Protokoll vorgelesen, welches sie genehmigte, und sie angewiesen, ihre Schwester auf morgen Vormittag 11. Uhr ins Gericht zu schicken.
Nachrichtlich. R. v. Charpentier Act.
Carl Johann Friedrich Francke
Friedrich Wilhelm Wolff
Wilhelm August Naumann?

Im Beisein der Vorigen Nachrichtlich.
… Charpentier   Act.

[p.20r  21a Original]

[p.21a]
Unter den mehrfachen Dienstverhältnissen, in welchen ich mich hier befunden, bin ich auch eine Zeit lang bei dem Strohhutfabrikanten Pinschner auf der Scheffelgasse, in dem Hause des Bäckers Hahn, 2. Treppen, gewesen, und zwar vom 12. März 1849. an bis zum 9. Mai desselben Jahres.
An dem letztgedachten Tage nämlich bin ich, theils um den Unruhen in Dresden zu entgehen, theils auch weil ich mich mit Pinschner nicht vertrug, und daher diesen Dienst zu verlassen wünschte, mit Einwilligung meiner damaligen Dienstherrschaft, in Begleitung meines Bruders, des Schuhmachergesellen August Fischer in Siebenlehn, von Dresden weg und nach Siebenlehn gegangen.
Ich und mein genannter Bruder sind an diesem Tage Mittwochs früh

[p.21r  22a Original]
in der neunten Stunde von Dresden weggegangen, und machten den Weg nach Hause zu Fuße; dort trafen wir Nachmittags in der dritten Stunde ein.
Mein Bruder war am Montag dem 7ten/. Mai von Siebenlehn her nach Dresden gekommen um mich abzuholen und nach Siebenlehn  zu bringen; wir hatten jedoch nicht eher als am Mittwoch fortgekonnt, weil, wie bekannt, die Passage aus der Stadt gehindert war.
Mein Bruder hat während jener Zeit bei mir gewohnt, und ist die ganze Zeit über nicht aus der Stube gekommen.
Als er ankam, was am Montag Vormittag der Fall war, hatte er eine Flinte bei sich; andere Waffen nicht, auch keine Munition.
[p.22a]
daß Gewehr hatte er nicht mitgebracht um es in Dresden zum Schießen zu brauchen, sondern nur weil es hieß, daß Niemand ohne Waffen in die Stadt gelassen würde. Er hat die Flinte alsbald nach seiner Ankunft dem Hauswirthe, Bäckermeister Hahn übergeben, welcher Letztere sie, da er keine Waffen im Hause haben wollte, noch denselben Tag einem fremden Manne weiter gegeben hat.
Auf Verlesen genehmigt Comparentin das Protokoll.
Nachrichtl.    R. v. Charpentier. Act.
[kopierte Unterschriften]
Carl Johann Friedrich Franke
Friedrich Wilhelm Wolff.
Wilhelm August Naumann.
Stlz. Beis.
in fidem copiae   RvCharpentier  act.

[p.22r 23a Original]
[links]
In Gegenwart der Urkundspersonen  Toepelmann  Forwerg und Seidel.
Nachrichtl. durch Schubert, A…
[rechts]
Königl. Justizamt Nossen den 12. December 1851.
Heute Nachmittags wurde aus dem Arresthause dahier an Königl. Amtsstelle vorgeführt der Schuhmachergeselle
Carl August Fischer in Siebenlehn
und gibt auf Vorhalt der Bl. 20b anzueffenden Depositionen seiner Schwester Amalie Fischer in Siebenlehn, in so weit diese, mit seinen Vernehmlassungen in Widerspruch stehen, weiter zu vernehmen:
Es ist richtig, daß ich am 9. Mai 1849 Vormittags mit meiner Schwester Amalien Emilien Fischer von Dresden nach Siebenlehn gegangen bin.
Auf Vorhalt, warum er dies nicht gleich bei seiner ersten Vernehmung angegeben habe, spricht er:
Habe ich das nicht gesagt? Da habe ich mich nicht gleich darauf besonnen; ich war so erschrocken.
Dahingegen insistire ich meiner Angabe, daß meine Büchse während meines Aufenthaltes bei meiner Schwester in Dresden in deren    unbenutzt gestanden hat und ich solche erst den 9. Mai 1849 Vormittags  auf Geheiß des Bäckers Hahn einem vorübergehenden Manne gegeben habe.

[p.23a]

 

[p.23r 24a  Original]

 

[p.24a]

Bedeuten entlassen worden, sich sofort zurück nach Siebenlehn zu begeben.

Indem der geehrte Stadtrath zu Siebenlehn hiervon andurch in Kenntniß gesetzt wird, ergeht an Hochdenselben gleichzeitig das ergebenste Gesuch:

Den Gesellen Fischer unter polizeiliche Aufsicht zu stellen und dafern? derselbe das geleistete Handgelöbniß irgendwie brechen sollte, darüber schleunigst Mittheilung anher zu machen, jedesfalls aber über dessen Leumund, Vermögens= und Erwerbs= Verhältnisse schleunigst Auskunft zu ertheilen.

Königl. Justizamt Nossen den 12n Decbr. 51.

[links]

An das Königl. Stadtgericht Dresden …

[rechts]

Der wegen Verdachts der Theilnahme an dem Dresdner Maiaufruhres im Jahre 1849 allhier in Untersuchung befindliche Schugmachergeselle Carl August Fischer aus Siebenlehn ist zwar geständig hat bei seiner Untersuchung zu seiner Rechtsfertigung unter Anderm auch angeführt,

daß bei seinem Weggange aus dem Hause des Bäckermeisters Hahn in Dresden am 9. Mai 1849 derselbe von ihm verlangte, die Büchse wegzuwerfen, weil sonst das Militär denken könne, daß er, Fischer, ein Freischärler sei, und daß er in Folge dieses Anverlangens seine Büchse einem eben

 

[p.24r 25a Original]

vorübergegangenen Manne, welcher ihm fremd gewesen sei, gegeben habe,

wohingegen nach dem verehrl. Recommunicate des … Stadtgerichts Dresden  … dieses M

[unleserlich]

daß ihn genannter Bauder, der Geselle Fischer seine Schußwaffe alsbald nach seiner am 7. Mai 1849 in Dresden erfolgten Ankunft dem Hauswirthe Bäckermeister Hahn in Dresden übergeben habe, welcher Letztere sei, da er keine Waffen im Hause habe haben wollen, noch denselben Tag einem fremden Manne übergeben habe.

Das Königl. Stadtgericht zu Dresden wird daher hiermit anderweit? ergebenst ersucht:

den Bäckermeister Hahn in Dresden über die Behauptung des Gesellen Fischer und seine genannten … eidlich abzuhören, das darüber aufzunehmende Protocoll aber in beglaubter Abschrift baldgefälligst anher gelangen zu lassen.

Königl. Justitamt Nossen den 12, Decbr. 51.

 

[p.25a]

JAmt nossen, am 12. Decbr. 1851.

ist Amtsr. Schönberg angewiesen worden, H. Gensdarm Breitfeld in Limbach den 17. d. Mon. ½ 9. Unhr Vormi zur Befragung anher zu bestellen.                           Seidel …

[links]

Praesentes die Urkundspersonen Toepelmann. Forwag und Seidel.

Nachrichtl. durch Schubort Act.

[rechts]

Königl. Justizamt Nossen den 17. December 1851.

Heute Vormittags erschien dahier an Königl. Amsstelle der Districts-Gensd’arm

Herr Johann Carl Breitfeld in Limbach,

wurde auf seine aufhabende Pflicht verwiesen, von der Lage dieser Untersuchung in Kenntniß gesetzt und deponirte sodann Folgendes:

Am 5. vorigen Mts. machte der Handarbeiter Böhme in Tanneberg mir auf meiner Stube die Anzeige, daß der Geselle Fischer in Siebenlehn am 3. ejusd. M. Abends beim Tippenspiele in der Tanneberger Schankstube laut gegen viele Gäste geäußert habe:

„er sei auch in Dresden mit auf den Barrikaden gewesen und der Hund, den er auf das Korn genommen, habe fallen müssen“,

gab mir auch für diese Anzeige den Gastwirth Krause in Tanneberg und den Musikus Eichhorn als Zeugen an.

 

[p.25r 26a Original]

Den andern Tag ging ich selbst zu Krausen, um mich zu erkundigen, ob und in wie weit das Angezeigte gegründet sei, wobei Krause mir das bestätigte, was Böhme mir angezeigt hatte.

Daß Krause vor Gericht das Angezeigte nicht bestätigt hat, kommt wahrscheinlich daher, daß Fischer bei ihm viel hatte sitzen lassen [?] und wenn Böhme vor Gericht etwas Anderes, wie mir allerdings ver..ten worden ist, angegeben hat, so hat er … der Anzeige eine falsche Angabe gemacht.

Zu Erweislichmachung der Anzeige kann ich nichts beitragen.

Vorgelesen und durch Namensunterschrift genehmigt.

[Unterschrift] Johann Carl Breitfeld

[links Unterschriften]  Gottlieb Karl Töpelmann  Gottlieb Leberecht Forwag   Julius Bernhard Seidel, Amtsbeisitzer

[rechts]

Gegenwärtig der Urkundspersonen Toepelmann, Forwag und Seidel

Geschehen und nachrichtlich …bemerkt durch Hamann Schubert A..

 

[p.26a]

[rechts]

Eing. am 16. Decbr. 1851 

[links]

An das Königliche Justizamt zu Nossen.

[rechts]

Das Königliche Justizamt wünscht laut Schreibens vom 12n December 1851. über Leumund, Vermögens= und Erwerbsverhältniße des auf Handgelöbniß entlassenen unter policeyliche Aufsicht gestellten Schuhmachergesellen Karl August Fischer Auskunft und hat dieser Gegenstand in der heutigen Rathssitzung vorgelegen.

Der dießfalligen Entschließung gemäß ertheilen wir diese Auskunft dahin, daß:

1., ernannter Fischer ohne alles Vermögen ist,

 

[p.26r 27a fehlt]

 

[p.27r 28a  Original ]

 

[p.28a]

 

[p.28r 29a  Original]

Liquid.

[Abrechnung zu insgesamt 2 Tlr., 8 Ngr.]

 

[29a]

In Beisein der Herren Beisitzer Franke, Wolf und Naumann.

Nachrichtl.  R. v. Charpentier, act.

Regs.

Stadtgericht Dresden, am 18. December 1851. fand sich bestellt hier ein der Bäckermeister Johann Gottfried Hahn, 55. Jahr alt, und hat, zu eidesgemäßer Aussage ermahnt, auf Befragen angegeben:

Der Strohhutfabrikant Pinschner hat allerdings im Jahre 1849 während des hiesigen Aufstandes in meinem auf der Scheffergasse gelegenen Hause gewohnt.

Auf sein damaliges Dienstmädchen, und ob dieselbe Fischer geheißen, kann ich mich nicht entsinnen.

 

[p.29r 30a  Original]

Ebensowenig ist mir erinnerlich, ob während der Aufruhrtage ein Bruder der Fischer zu ihr gekommen, und ein Paar Tage im Hause geblieben ist.

Ich will es nicht in Abrede stellen, aber ich weiß nichts davon, es gingen in jenen Tagen viel Leute in meinem Hause aus und ein, und man hatte damals den Kopf zu voll, um auf solche Einzelnheiten zu achten.

Auch darauf kann ich mich nicht entsinnen, ob ich einem Menschen, welcher etwa damals in meinem Hause mit einer Büchse versehen gewesen wäre, den Rath gegeben habe, die Waffe fortzuwerfen, damit er nicht für einen Freischärler gehalten würde.

Durchaus in Abrede muß ich stellen, daß mir Jemand ein Schießgewehr übergeben und ich solches dann, weil ich im Hause keine Waffen hätte dulden wollen, einem Unbekannten weiter gegeben hätte. [p.30a]

Begründet ist allerdings, daß ich damals mehrmals Waffen verschiedener Art im Hause liegen gefunden und auf die Gasse geworfen, sowie daß ich einige Male Leute mit Schießgewehren im Hause gesehen habe, ich habe aber keinen gekannt, und mich überhaupt weiter nicht um sie gekümmert, und nur, eben soviel ich konnte, Waffen aus dem Hause entfernt.

Nachträglich fällt mir noch ein, daß am letzten Tage des Aufruhrs, am Mittwoche, in einem kleinen Zimmer, wo meine und die Pinschnersche Familie, sowie die Dienstmädchen versammelt waren, ein mir unbekannter Mensch, welcher sich zu Pinschnern zu halten schien, sich eine Zeit lang aufhielt, er trug einen Schnurbart und verlangte eine Scheere um ihn sich abzuschneiden; soviel ich weiß, ist

 

[p.30r  31a Original]

ihm dies dann auch noch gelungen.

Vielleicht ist dies der Bruder der Fischer gewesen, wenigstens entsinne ich mich nicht, außer diesem Unbekannten damals noch andere Fremde in dem bezeichneten Zimmer bemerkt zu haben.

In diesem Zimmer waren wir übrigens nur etwa eine halbe Stunde lang, ob der so eben bezeichnete Mann schon vorher, und mehre Tage im Hause gewesen, kann ich nicht sagen, gesehen hatte ich ihn nicht zuvor.

Vielleicht kann Pinschner genauere Auskunft geben, als ich; wo Pinschner jetzt wohnt, ist mir nicht bewußt.

Auf Vorlesen genehmigt Comparant dies Protokoll, und ist sodann, da er sich zur eidlichen Bestärkung seiner Aussagen bereit erklärt, folgender

Eid:

Ich, Johann Gottfried Hahn, [p.31a] schwöre hiermit zu Gott, dem Allwissenden und Allgerechten diesen Eid:

daß die von mir soeben erstattete Aussage die reine Wahrheit enthält, und ich dabei wissentlich weder etwas verschwiegen, noch wider die Wahrheit hinzugefügt habe,

so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Wort, durch Jesum Christum, unseren Herrn.

aufgesetzt, mit Comparanten durchgegangen, und von ihn, nachdem er zuvor versichert, mit Fischer weder verwandt, oder verschwägert, noch befreundet oder verfeindet zu sein, auch die übrigen ihm vorgelegten gesetzlichen Zeugenfragen verneint hatte, nach vorheriger Verwarnung vor Begehung eines Meineides und Hinweis auf dessen Strafen, unter den gesetzlichen Feierlichkeiten abgeleistet worden.

 

[p.31r  32a Original]

Auf Vorlesen genehmigt

[Unterschriften links] Carl Johann Friedrich Franke   Wilhelm August Naumann   St Gr Beisz.   Friedrich Wilhelm Wolff, St.G.Beis.

[Unterschrift rechts]

R. V. Charpentier, act.

[Unterschrift Mitte]

In fidem copiae   R. V. Charpentier act   [Lacksiegel des Stadtgerichts]

[p.32a]

 

[p.32r 33a Original]

 

[p.33r 34a  Original]

 

[p.34r 35a Original]

 

[p.35r 36a Original]

 

[p.36a]

Vertheidigung

[großer Schnörkel] des?

Carl August Fischers

Schuhmachergesellen in Siebenlehn

wegen Hochverraths.

Fischer ist nach des Königl. Justizamts Acta sub Cap.VI. Litt.F. no:277. wegen Hochverraths verdächtigts zur Untersuchung gezogen worden.

Die Veranlassung zur Untersuchung gab die Anzeige des Gensdarmes …:

Fischer habe am 3. November 1851. im Gasthofe zu Tanneberg ge=

 

[p.36r 37a  Original ]

äußert „ich bin auch in Dresden mit auf den Barricaden gewesen und dem Hund /: Soldat:/ den ich aufs Korn genommen, hat allemal fallen müssen“. Fischer sei auch früher bei der Communalgarde(!) gewesen und in den Maitagen 1849. mit dem Steingutfabrikant Eichler in Siebenlehn bewaffnet mit nach Dresden gezogen, habe jedoch damals verneint, mit am Kampfe Theil genommen zu haben.

Fischer hat auch eingeräumt, Bl. 5., daß er am 7. Mai 1849. Vormittags 9. Uhr von Siebenlehn über Hirschfeld, Tanneberg und Wilsdruf nach Dresden gegangen, hier Abends 6. Uhr angekommen, sich daselbst bis zum 9. Mai 1849. Vormittags 10. Uhr aufgehalten und zu dieser Zeit auf demselben Wege nach Siebenlehn zurückgegangen und hier Abends 8. Uhr eingetroffen sei, sowie Bl. 11b und 22b, nachdem er …   [p.37a]   … allhier und unbewaffnet nach Dresden und zurückgegangen sein wollte, daß er mit einer Büchse bewaffnet nach Dresden gegangen und auf dem Rückwege war seinerin? Dresden dienenden Schwester Amalie Emilie Fischer begleitet worden sei.

Zugleich versichert aber Fischer wiederholt, am Dresdner Kampfe in keiner Weise Theil genommen zu haben, giebt vielmehr Bl. 5b. fg. 11b fg, und 22b. über seiner Reise nach Dresden und seinem Aufenthalt daselbst Folgendes an:

Schon damals haben sich seine zwei Schwestern in Dresden aufgehalten und haben seine Eltern ihn nach Dresden geschickt, um zu sehen, was die Schwestern machen und um sich nach Befinden nach Siebenlehn zu holen. Die eine ältere Schwester habe auf der Töpfergasse gewohnt, die andere jüngere (die er nach Bl. 19b, pct.20b. offenbar nur irrthümlicher Weise Bl. 6. mit dem Namen der äl=

[p.37r 38a Original]

teren Friederike Ernestine bezeichnet) bei einem im Hause des Bäckers Hahn auf der Scheffergasse wohnenden Strohhutfabrikant gedient. Gleich nach seiner Ankunft habe er sich zu dieser seiner jüngeren Schwester begeben und sich bei solcher bis zu seinem Weggange von Dresden aufgehalten, ohne das Haus verlassen zu haben. Bis Mittwochs sei er in Dresden geblieben, weil auf den Gassen bis dahin immer geschossen worden und er befürchten müssen, todtgeschossen zu werden, auch seine Schwester ihn dringend gebeten habe, solange bis alle Gefahr vorüber sei, zu bleiben. Die Büchse habe er deshalb mitgenommen, weil es geheißen, die Freischaaren ließen Unbewaffnete nicht nach Dresden herein. Er habe die Büchse gleich nach seiner Ankunft in Dresden bei seiner Schwester in die Küche   [p.38a]   gestellt und hier bis zu seinem Fortgange unbenutzt stehen lassen, dann aber nach dem Rathe des Bäckermeister Hahn, weil man ihn sonst für einen Freischärler halten könne, einem vorübergehenden Mann gegeben.

Diese Angaben Fischers sind auch in keiner Weise widerlegt, noch ist sonst in den Acten ein Nachweis beigebracht worden, daß Fischer in Dresden am Kampfe Theil genommen oder auch nur in dieser Absicht nach Dresden gegangen sei. Vielmehr hat nicht nur Fischers Vater der Schuhmachermeister Johann Carl August Fischer Bl. 7b/. daß sein Sohn in der Absicht, seine Schwestern zu holen, nach Dresden gegangen, sondern auch Fischers Schwester Amalie Emilie Bl. 20b flg. Folgendes bestätigt,

„Sie habe bis zum 9. Mai 1849. beim Strohhutfabrikanten Pinschner in Dresden im Hause des Bäcker Hahn auf der Scheffelgasse in Diensten

[p.38r 39a  Original]

gestanden und in dieser Zeit und zwar am 7. Mai sei ihr Bruder, Inculpat, zu ihr gekommen, um sie nach Siebenlehn zu holen, Wegen gehinderter Passage haben sie vor Mittwochs den 19. Mai nicht abreisen können und habe unterdessen ihr Bruder die Wohnung nicht verlassen.

Daß Fischer nach Angabe der Fischerin seiner Schwester in Binb.. Widerspruch mit Fischers eigenen Angaben sowie der Aussage des mehrgenannten Bäckermeister Johann Gottfried Hahn Bl. 29b/. letzteren seine Büchse gleich bei seiner Ankunft übergeben haben soll, ist jedenfalls ebenso irrelevant, als der Widerspruch der Fischerschen Angabe hierunter mit der noch dazu unbeeideten Aussage Friedrich Wilhelm Johnes Bl. 12., wonach Fischer diesem erzählt haben soll, die Büchse im Holze versteckt zu haben.
Auch ist die Person, welche Hahn nach Bl. 30. bei Pinschners gesehen hat, nach Bl. 30b/. jct. 32. jedenfalls Fischer gewesen.
Was ferner den Vorfall in dem Tanne=   [p.39a]   berger Gasthofe anlangt, so hat Fischer Bl. 6b/. mir zugestanden, eines Abends, als er in jenem Gasthofe gewesen und bereits etwas angetrunken und fidel gewesen und beim Spiel gefragt worden, ob er Soldat und mit in Dresden gewesen sei, aus Scherz erwiedert zu haben…

ja, da durfte sich niemand auf der Barricade blicken lassen, wenn auf mich als Soldat geschossen wird, schiesse ich wieder.

Es haben auch die vom Gensdarm für seine Anzeige benannten Zeugen der Musicus Carl Eduard Eichhorn und der Gastwirth Johann Gottlob Krause beide in Tanneberg Bl. 12 b/. und 14b/. versichert, die vom Gensdarm gerügte Aeußerung Fischers oder eine ähnliche nicht gehört zu haben.
Nur der weitere Zeuge Carl Gottlob Böhme von Limbach hat Bl. 16fg. selbst trotz des ausdrücklichen Widerspruchs Fischers eidlich versichert, bei der fraglichen Gelegenheit gehört zu haben, wie Fischer ohne eine besondere Veranlassung während des Spiels zu den Mitspielern geäußert habe:

[p.39r 40a  Original]

„es geht zu wie in Dresden, da wurden sie auf das Rohr genommen, und da mußte jedesmal so ein Hund stürzen,

auch darnach einemMitspieler zugezischelt haben,

es hörts doch Niemand, wir dürfen hier nicht soviel davon sprechen.

Im Uebrigen versichert auch Böhme nicht gehört zu haben, daß Fischer geäußert habe, selbst auf den Barricaden gestanden und Soldaten auf das Korn genommen zu haben.
Schlüßlich ist aus den Acten noch des Antheils zu gedenken, welches über Fischer von seinem Vater sowohl Bl. 8b/. als von seiner Obrigkeit, dem Stadtrath zu Siebenlehn Bl.26. gefällt wird,
Der Vater sagt a. a. O.

er könne nicht glauben, daß sein Sohn am Kampfe in Dresden Theil nehmen wollen, er könne nicht einmal ein Gewehr laden und ihm sei Tanzmusik lieber als ein Schießgewehr.

Den Rath zu Siebenlehn aber äußert sich Bl.26b/. dahin,

daß Fischer im Rufe eines Schulden   [p.40a]   machenden Händelsuchenden, feigen Prahlers mit gutem Herzen stehe und deshalb allgemein „der Graf“ genannt werde.

Dies ist der betreffende Acteninhalt. Die aus solchen zu ziehenden Folgerungen liegen ziemlich nahe und müssen nothwendig zu Fischers gänzlicher Freisprechung von Strafe und Kosten führen.
Vor allen Dingen kann in keiner Weise von Hochverrath die Rede sein.
Der Vertheidiger sieht davon ab, daß die vorliegenden Acten auch nicht die geringste Andeutung darüber enthalten, inwiefern sich Fischer durch die Theilnahme an einem Kampfe in Dresden des Hochverraths schuldig gemacht haben könne? denn die betreffenden Verhältnisse sind allerdings notorisch.
Hochverrath bestehtn nach Art. 81. des Criminalgesetzbuchs in dem gewaltsamen Angriffe gegen die persönliche Sicherheit oder das Regierungsrechts des Staatsoberhauptes oder gegen die Staatsverfassung.
Wenn nun auch die Leiter des Dresdener

[p.40r  41a    fehlt]

 

[p.41r  42a Original]

schuldig gemacht haben.
Allein der Vertheidiger findet, daß überhaupt auch für Fischers Theilnahme am Aufstande oder doch für seinen Gang nach Dresden in dieser Absicht kein irgend genügender Verdacht vorliegt.
Dafür daß Fischer wirklich am Kampfe in Dresden Theil genommen, ist keine andere Andeutung in den Acten vorhanden, als die vom Gensdarm angezeigte angebliche Aeusserung Fischers im Tanneberger Gasthofe.
Allein wenn man von der doch gewiß ganz unpassenden, ja ungebührlichen Uebersetzung des Wortes „Hund“ mit „Soldat“ in der Gensdarmerieanzeige Bl.2. absichtlich so würde selbst nach der vom Gensdarm angeführten Aeußerung ganz zweifelhaft sein, ob Fischer behaupten wollen, daß er als Soldat oder als Freischärler auf den Barricaden gestanden und auf Soldaten oder nicht viel mehr auf die Aufständischen geschossen zu haben sich rühmen wollen.
Im Uebrigen ist aber die gerügte Aeußerung von keiner Seite bestätigt   [p.42a]   worden.
Der Zeuge Böhme, welcher allein die betreffende Aeußerung

 

[p.42r  43a Original]

 

[p.43r  44a    fehlt]

 

[p.44r    fehlt]

 

[p.45a Original]

 

[p.45r 46a  Original]

 

[p.46a]

Srs. Königliche Majestät wollen auf erstatteten Vortrag aus Gnaden geschehen lassen, daß wider den Schuhmachergesellen Carl August Fischer zu Siebenlehn mit weiterem Verfahren wegen seiner Betheiligung an den Maiereignissen des Jahres 1849. angestanden werde.

In Gemäßheit der desfalls Anher gelangter Verordnung des Königlichen Ministerium der Justiz vom 27sten. vor. Mon. regelt daher bei Remission der eingesendeten Acten sub Cap.VI. Lit.F. Nr. 177. an das Justizamt Nossen hierdurch Verordnung, diese Allerhöchste Entschließung Fischern bekannt zu machen, demselben jedoch die veranlaßten Kosten abzufordern.

Leipzig, den 8ten. Juni 1852.

Königlich Sächsisches Appelationsgericht.

D. Schreckenburger.

[links]

An das Justizamt Nossen.

Fischern betre.

Sechs Thaler 5ngr.: 4[pf.]

incl: 2[Taler] 10ngr: 1[pf.] Ministerial=Sporteln

B.,974 No.1716.

[rechts]

Eing. am 15. Juny 1852.

2ngr. 6[pf.] Porto

6. 5. 7. Ver…   Fließbach?

Nr. 1034. R.B.

 

[p.46r 47a  Original ]

 

[p.47r 48a Original]

 

[p.48r 49a  Original]

 

[p.50a  Original]

 

[p.50r  Original]

 

[Umschlag mit Postadresse  Original]